Elementarwesen in märchen und sagen

Wenn man von Elementarwesen spricht, sind damit die Geister der vier Elemente Luft, Feuer, Erde und Wasser gemeint.

 

LUFTGEISTER

Davon sind die Luftgeister am wenigsten fassbar, sie tauchen lediglich in der Gestalt von verzauberten Vögeln in Märchen auf. Die Brüder Grimm verfassten 1812 die Erzählungen Die sieben Raben und Die sechs Schwäne, später im Jahr 1815 folgte Die Alte im Wald, wo ein weißes Täubchen auftaucht. Hans Christian Andersen veröffentlichte 1838 Die wilden Schwäne.

 

FEUERGEISTER

Transformation und Wandlung sind das Thema der Feuergeister. Damit befasst sich das weltbekannte französische Volksmärchen Die Schöne und das Biest von 1740, welches bereits zweimal von Walt Disney verfilmt wurde: 1991 als Zeichentrickfilm und 2017 als Spielfilm mit Emma Watson.

Im islamischen Raum, in der arabisch-orientalischen Wüstenwelt, ist der Genie ein bekannter Feuergeist. Der vermutlich berühmteste Genie taucht in der Geschichte Aladin und die Wunderlampe auf - in den Märchen aus 1001 Nacht.

 

ERDGEISTER

Zwerge, Gnome, Wichtel und Kobolde... kleine männliche Wesen mit Mütze und Bart, die Tiere, Bäume und Minen schützen. Es gibt mehr männliche als weibliche Erdgeister, da die Energie von Aktivität und Kraft männlich ist.

Der bekannteste Kobold ist wahrscheinlich Rumpelstilzchen (1812) von den "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm.

In den Geschichten von Schneewittchen (1812) sowie von Schneeweißchen und Rosenrot (1837) - ebenfalls aus Grimms Hausmärchen - kommen Zwerge als Hauptdarsteller vor. Moderne Märchenversionen von Schneewittchen mit den sieben Zwergen liefern die Verfilmungen Spieglein Spieglein mit Julia Roberts oder Snow White and the Huntsman mit Charlize Theron.

Des kleinen Volkes Hochzeitsfest auf der Eilenburg (1816) aus Grimms "Deutsche Sagen" diente möglicherweise als Vorlage für die Kölner Heinzelmännchensage (1826) vom Schrifsteller Ernst Weyden.

Helfende Wichtel sind in Grimms Hausmärchen Die Wichtelmänner (1812) vertreten.

 

WASSERGEISTER

Über Wassergeister existieren sehr viele Legenden in den verschiedenen Kulturen. Die Rede ist von Sirenen, Wassermännern, Nixen, Meerjungfrauen, Wassernymphen, Undinen oder Selkies. Da das Wasser ein weibliches Element ist, existieren viel mehr weibliche als männliche Wassergeister. Sie treten entweder schön und graziös in Menschengestalt auf oder halb menschlich halb tierisch mit Fischschwanz oder ganz in Tiergestalt, z.B. als Seehund oder Fisch.

Ein Klassiker dazu ist das Märchen Die kleine Meerjungfrau (1837) von Hans Christian Andersen, das im Walt Disney Zeichentrickfilm Arielle die Meerjungfrau ein klein wenig abgeändert wurde mit dem Happy End. Im Original heiratet der Prinz nämlich eine andere Prinzessin und die kleine Meerjungfrau stürzt sich ins Wasser, löst sich in Schaum auf und verwandelt sich in einen Luftgeist.

Auch die Brüder Grimm leisten einen Beitrag in Hinblick auf Märchen mit Wassergeistern. In der Erzählung Vom Fischer und seiner Frau (1812) angelt ein armer Fischer im Meer einen Zauberfisch, der ein verwunschener Prinz ist und ihm und seiner Frau Wünsche erfüllt.

Durch meinen starken Bezug zu den Ländern im Nordwesten Europas, gefallen mir die keltischen Märchen ganz besonders. Sie handeln oft von den sogenannten Selkies in Schottland - menschenähnlichen Wesen, die am Meer leben und im Wasser die Haut eins Seehundes tragen, diese aber wie einen Anzug an Land ablegen können. In Irland werden sie Roanes genannt.

 

"Ein Mann (…) ging eines Morgens früh, (...), an einigen Felsen vorbei und kam an den Eingang einer Höhle. Da hörte er, dass in dem Hügel gelärmt und getanzt wurde, draußen aber sah er eine große Menge Seehundsfelle. Er hob eines von ihnen auf, nahm es mit nach Hause und verschloss es in seiner Truhe. Etwas später, (…) kam er wieder an den Eingang der Höhle; da saß dort ein schönes und junges Mädchen, das ganz nackt war und bitterlich weinte. Das war der Seehund, dem das Fell gehörte, das sich der Mann mitgenommen hatte. Der Mann gab dem Mädchen Kleider, tröstete es und nahm es mit nach Hause. (…) Nach Verlauf einiger Zeit nahm sie der Mann zur Frau; sie lebten gut zusammen und hatten viele Kinder miteinander. (…)

als er abends nach Hause kam, war die Truhe geöffnet und die Frau samt dem Fell verschwunden. Sie hatte den Schlüssel gefunden und aus Neugier die Truhe durchsucht und das Fell gefunden. Da konnte sie der Versuchung nicht länger widerstehen; sie sage ihren Kindern Lebewohl, fuhr in das Fell und warf sich in die See. (…)"

(Isländische Märchen und Sagen / Erich Ackermann / Das Seehundsfell)